Ein Dutzend Gesetzesänderungen müssen für die Mindestsicherung verabschiedet werden
Immer wieder verschoben - und nun türmt sich bis zur Sommerpause die Arbeit: Weil die ÖVP die Einführung der Mindestsicherung monatelang mit der Einrichtung der Transparenzdatenbank junktimiert hat, haben Bund und Länder alle Hände voll zu tun, damit die von der SPÖ begehrte neue Unterstützung für sozial Bedürftige tatsächlich ab 1. September in Kraft treten kann.
Am Montag deponierte Kanzler Werner Faymann (SPÖ) jedenfalls noch einmal ausdrücklich, dass er mit der Verquickung der beiden Agenden überhaupt "keine Freude" gehabt habe, und: Der Koalitionspartner müsse lernen, dass Tauschhandel zu nichts führe, mahnte er.
Tatsächlich stehen jetzt im Eiltempo eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes, des Notstandshilfegesetzes sowie des Sozialrechtsänderungsgesetzes an, damit die Mindestsicherung, die quasi eine Vereinheitlichung der Sozialhilfe auf 744 Euro im Mo-nat darstellt, realisiert werden kann. Genau diese Materien müssen am Mittwoch im Sozialausschuss ausführlich beraten werden - damit am 7. Juli das Parlament das Ganze verabschieden kann.
Parallel dazu haben auch die Bundesländer in den nächsten Tagen und Wochen entsprechende Änderungen in ihren Sozialhilfegesetzen vorzunehmen - sofern sie das bis jetzt noch nicht angegangen sind. Doch nicht nur einige schwarz sondern durchaus auch rot regierte Provinzen signalisieren bereits, dass sich bei ihnen der Beschluss und damit auch die Umsetzung verzögern könnte, darunter etwa Vorarlberg, Tirol und Oberösterreich sowie die Steiermark und das Burgenland.
Als Alternativtermin für das Inkrafttreten der Mindestsicherung nennen die Spätzünder übrigens den 1. Jänner 2011 - allerdings müsste das Geld dann an die Anspruchsberechtigten rückwirkend ausbezahlt werden.
Droht bei einem verpatzten Start nicht administratives Chaos, wenn die sozial Bedürftigen nachträglich die ihnen zustehende Mindestsicherung erhalten sollen, gleichzeitig aber bis dahin kassierte Leistungen gegenverrechnet werden müssen? Im Sozialministerium von Rudolf Hundstorfer (SPÖ) gibt man zwar zu: "Klar bedeutet eine verspätete Einführung einen gewissen Aufwand." Aber man versichert auch: "Die Länder verfügen ja selbst über die entsprechenden Daten, also ist das für sie durchaus bewältigbar."
100.000 Bedürftige in Wien
Erleichtert wirken die Sozialdemokraten jedenfalls darüber, dass im absolut roten Wien die Mindestsicherung bereits vom Landtag mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP per Vorratsbeschluss fixiert wurde. Kein Wunder, denn: Rund 100.000 Menschen beziehen allein in der Bundeshauptstadt in irgendeiner Form soziale Hilfe. Damit ist Wien Spitzenreiter, also jenes Land, in dem die meisten Anspruchsberechtigten für die Mindestsicherung leben. Dazu steht am 10. Oktober die Landtagswahl an - was Wiens ÖVP-Obfrau Christine Marek am Montag freilich nicht davon abhielt, über die "roten Fördersümpfe" in der Bundeshauptstadt abzulästern. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2010)
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